E-Mail-Anbieter GMX: Ein Erfahrungsbericht

12. Januar 2016

GMX ist einer der größten und bekanntesten E-Mail-Anbieter. Grund genug, einmal zu prüfen, wie zugänglich für Screenreader-Nutzer der Dienst auf den verschiedenen Plattformen ist. Hier ist der Erfahrungsbericht.

Überprüft haben wir die normale GMX-Website und die mobile GMX-Website (unter Windows 7) mit den Screenreadern JAWS und NVDA. Zusätzlich zu den Websites haben wir uns die iOS- und die Android-App und die mobile Website im Browser angesehen (unter iOS 9.1/VoiceOver und Android 5.1.1/TalkBack).

Zusammenfassung

Generell ist die mobile Website für Screenreader-Nutzer eher zu empfehlen, denn sie ist frei von Werbung, Bannern und sonstigen Links, die die Nutzung behindern. Wer GMX über die normale Website nutzt, muss geduldig sein, da hier viele zusätzliche Inhalte geladen werden, die die Navigation erschweren.

Bei der mobilen Site machen allerdings einige Mängel in der Beschriftung der Eingabefelder die Nutzung umständlicher als sie sein müsste.

Wünschenswert wäre, wenn das Sofortantwort-Feld der normalen Website auch auf der mobilen Website und vielleicht auch bei der App angezeigt würde.

Klassische GMX-Site

Auf der klassischen GMX-Site befinden sich viele Links, Werbung und Banner, so dass die Orientierung schwerfällt. Manchmal springt der Fokus hin und her. Das erschwert die Navigation erheblich. Bei vielen Navigationslinks, wie z.B. Start, E-Mail, Adressbuch, sowie bei den E-Mails selber wird von JAWS und NVDA nicht die Rolle "Link" ausgegeben, diese lassen sich aber trotzdem aktivieren.

Das Schreiben von E-Mails funktioniert gut. Die Empfänger-, Betreff- und Nachrichten-Felder werden mit der Tabulatortaste und den Pfeiltasten fokussiert. Allerdings ist das Nachrichten-Feld nicht mit den Pfeiltasten erkennbar, da es mit "WYSIWYG-Editor" beschriftet ist. Für Nutzer ist es evtl. nicht klar, dass es sich hier um das Textfeld zum Verfassen der Nachricht handelt.

Das Antworten auf E-Mails funktioniert genau wie das Erstellen einer neuen E-Mail. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit, eine Sofortantwort zu verfassen - eine sehr praktische Alternative, die auf der mobilen Site fehlt.

Über Kontrollfelder lassen sich wahlweise alle oder einzelne E-Mails auswählen und dann löschen.

Wenn E-Mails ohne Überschriften aufgebaut sind, dauert es etwas länger, bis man den Inhalt der Nachricht lesen kann, da erst durch die halbe Site navigiert werden muss. Haben jedoch E-Mails, etwa Newsletter, eine Überschrift, ist es ein Leichtes, mit den Navigationstasten von JAWS und NVDA zur ersten Überschrift des Texts zu springen und dann die Nachricht zu lesen.

Die mobile Website

Die Funktionen der mobilen Website auf dem PC und dem Smartphone sind gleich.
Von GMX wird empfohlen, dass blinde und sehbehinderte Nutzer mit Screenreader die mobile Website unter https://mm.gmx.net nutzen sollten. Und in der Tat ist die Nutzung einfacher, denn hier gibt es weder Werbung noch Banner. Die Navigation ist schnell und flüssig und die Ordner lassen sich gut finden. Die Betreffzeile ist als Überschrift ausgezeichnet. Abgesehen vom Ordner-Namen erfährt man auch direkt, wie viele E-Mails der jeweilige Ordner enthält. (Auf der normalen Webseite ist diese Information ziemlich unübersichtlich, da nicht immer der dazugehörende Ordner angezeigt wird.)

Ein Manko: Obwohl die Website HTML5 benutzt, ist das E-Mail-Eingabefeld beim Login ins E-Mail-Konto nicht als input type="email" ausgezeichnet, wodurch nicht die passende virtuelle Tastatur aufgerufen wird. Unter iOS müssen erforderliche Zeichen der virtuellen Tastatur wie @ oder Punkt deshalb erst umständlich über die Taste "123" (Weiter - Zahlen) aufgerufen werden. Auch das Adressfeld beim Erstellen neuer E-Mails ist nicht als type="email" ausgezeichnet, so dass auch hier nicht die spezifische E-Mail-Tastatur aufgerufen wird.

E-Mails lassen sich ansonsten problemlos erstellen. Empfänger-, Betreff- und Nachrichten-Feld werden sowohl am PC als auch bei den Mobilgeräten fokussiert. Schade ist nur, dass es kein Sofortantwort-Eingabefeld wie auf der normalen GMX-Site gibt.

E-Mails können über die Auswahl von Kontrollfeldern einzeln gelöscht oder auch über eine Ausklappliste markiert und verschoben werden oder der ganze Ordner kann geleert werden. Auf dem iPhone ließen sich allerdings nicht alle Optionen fokussieren, nur die beiden Markierungsoptionen "alle" und "keine" konnten ausgewählt werden. Bei Android hingegen funktionierte die Navigation problemlos und alle Optionen ließen sich über Kontrollfelder auswählen.

Da keine Werbung und nicht so viele Links angezeigt werden, kann man den eigentlichen Inhalt der E-Mails schnell erreichen und diese lesen. Nach dem Löschen einer E-Mail wird man direkt zur nächsten weitergeleitet.

GMX-App (iOS und Android)

Die GMX iOS-App (Version 4.9)

Bei der iOS-App sind die Ordner sehr übersichtlich aufgelistet. Unter "Navigation" hat man Zugriff auf das Adressbuch, die Einstellungen und andere Optionen. Über den eigenartig benannten Auswahlpunkt "iOS7 Navigation icon more" lassen sich E-Mails auch markieren und löschen. Allerdings sprang der Fokus mehrmals nach Auswahl dieser Option in die Statusleiste des Smartphones, dann musste erst wieder der ganze Bildschirm durchlaufen werden.

Die Fokussierung der Eingabefelder beim Erstellen von E-Mails ist umständlich: Der Fokus muss nach der Eingabe von der virtuellen Tastatur über die Vier-Finger-Geste wieder an den Anfang gesetzt werden. Schön wäre es, wenn die Return-Taste der virtuellen Tastatur den Fokus ins nächste Eingabefeld versetzen würde, wie das etwa in der normalen Apple Mail-App umgesetzt ist. Außerdem wäre es vorteilhaft, wenn der VoiceOver-Rotor wieder Aktionen unterstützen würde, etwa zum schnellen Löschen von E-Mails. Die GMX-App unterstützt Aktionen im Rotor schon seit mehreren Versionen nicht mehr. Das ist schade.

Die GMX Android-App (Version 4.1)

Bei der Android-App ist man sofort im Posteingang und hat direkt alle neuen Nachrichten. Aktionen wie "Konto entfernen", "Ordner verwalten" oder "Einstellungen" sind unter der Schaltfläche "Weitere Optionen" zu finden. Unter "Verwalten" befinden sich unter anderem die Unterordner "Entwürfe" oder auch "Gesendet". Es können zudem neue Ordner angelegt werden. Nur bei der Schaltfläche, einen neuen Ordner anzulegen, liest TalkBack anstelle der Beschriftung eine Zahl vor.

Nutzer, die abweichende Erfahrungen mit GMX gemacht haben, laden wir ein, einen Kommentar zu schreiben.

Wir haben den Anbieter GMX über diesen Erfahrungsbericht informiert.

GMX und web.de stellen mobile Web-Versionen ein

Nachtrag 24 August 2016: Leider gibt es inzwischen die mobile Webseite von GMX nicht mehr. Nach dem Einloggen über mm.gmx.net wird automatisch auf den Modus der "Klassischen GMX-Site" umgeschaltet - gleiches gilt für den Zugang über mm.web.de. Damt entfällt eine für Blinde wichtige zugängliche Möglichkeit, Email-Dienste bei diesne Anbietern zu nutzen.