Navigationssysteme

Das selbstständige Navigieren in fremden Umgebungen ist für blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen oft eine Herausforderung. Geschäftsreisen sind häufig nur mit Begleitpersonen möglich. Navigationssysteme können aber auch blinden Menschen bei der Orientierung im öffentlichen Raum unterstützen.

Stand: Aktualisiert am 22. September 2015.

Was ist das?

Navigationssysteme sind elektronische Geräte oder Apps, die zur geografischen Ortsbestimmung sowie zur Bestimmung der Route zu einem geplanten Zielpunkt dienen. Per Sprachausgabe informieren Navigationssysteme über Standort sowie nahegelegene Orte von öffentlichem Interesse und geben Richtungsanweisungen, die einer geplanten Route folgen.

Die meisten Systeme stützen sich auf das US-amerikanische Satelliten-Navigationssystem Global Positioning System (GPS).

Zunächst kamen Navigationssysteme hauptsächlich im Kraftfahrzeugverkehr zum Einsatz. Inzwischen gibt es auch Systeme für Fußgänger und speziell für blinde Menschen.

Was ist zu beachten?

Navigationssysteme für Fußgänger

Durch die Verbreitung des Smartphones sind Navigationshilfen zu einem erschwinglichen Mainstream-Produkt geworden. In Folge dessen hat die Fußgängernavigation in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Apps bieten Routenführung für Fußgänger an. Fehlte es anfangs oft an Kartenmaterial für Fußgänger, die sich weitaus flexibler bewegen als Autos, so können die meisten Apps heutzutage Fußgängerrouten berechnen. Die Qualität des Kartenmaterials für Fußgänger kann jedoch von App zu App variieren. Apps, die auf dem quelloffenen Open Street Map Projekt basieren, erzielen im Allgemeinen die besten Ergebnisse.

Spezielle Systeme für blinde Nutzer

Zwei auf dem deutschen Markt verfügbare Hardware-Lösungen nutzen GPS zur Navigation und verfügen über eigens für blinde Nutzer entwickelte Bedienfelder.

  • Der Trekker Breeze erlaubt Abspeichern von Routen und hilft damit bei der Navigation von häufig gegangenen Wegen. Auch  Wegpunkten können über einen über aufgesprochenen Namen angelegt werden.
  • Das Gerät Kapten Mobility verfügt darüber hinaus über die Mögklichkeit der Spracherkennung für die Zieleingabe par Sprache und sagt auch Sehenswürdigkeiten (POIs) rund um den Aufenthaltsort an. Routen lassen sich im Voraus berechen und speichern. Gleichzeitig dient das Gerät auch als DAISY-Player für Audio-Bücher im DAISY-Format.

Ein Nachteil von Geräten ohne Internetverbindung : Das Kartenmaterial wird aktuellen Veränderungen oft hinterherhinken.
Krankenkassen finanzieren Navigationssysteme in der Regel nicht für die private Nutzung. Integrationsämter und andere Kostenträger finanzieren aber vermehrt Navigationssysteme und insbesondere Smartphones, wenn die Mobilität des blinden Nutzers für die Arbeit wichtig ist.

Navigation mit dem Smartphone

Anwendungen für Smartphone-Betriebssysteme wie beispielsweise iOS bzw. Android erweitern das Spektrum erheblich. Mit der vorhandenen Sprachausgabe ist die Bedienung gut möglich. Dadurch verlieren die oben genannten Hardware-Lösungen allmählich an Bedeutung, da das Smartphone und die entsprechenden Apps diese "Insellösungen" unnötig machen. Hardware-Lösungen bleiben aber interessant für Nutzer, die Geräte lieber über physische Tasten bedienen oder mit der Touchscreen-Bedienung auf dem Smartphone nicht gut zurecht kommen.

Einige Apps können den Benutzer auf einer vorher berechneten Route führen (turn-by-turn-Navigation). Andere Apps helfen bei der Orientierung in der Umgebung, in dem sie den Nutzer über nahegelegene Orte von Interesse (Points Of Interest, auch POI abgekürzt) informieren. Da die meisten Apps eine ständige Internetverbindung aufrecht erhalten, ist das Kartenmaterial hier in der Regel aktuell.

Zu unterscheiden ist zwischen Apps, die für die Allgemeinheit entwickelt wurden und solchen Apps, die für blinde Nutzer entwickelt wurden. Derzeit stehen im europäischen Raum nur Apps mit Routenführung zur Verfügung, die für die Allgemeinheit entwickelt wurden. Diese sind für blinde Nutzer durchaus hilfreich, liefern aber unzureichende Informationen über Details der Route oder die Umgebung. Die für blinde Nutzer entwickelten Apps liefern Informationen über die Umgebung und bieten hilfreiche Zusatzfunktionen, die beim Ansteuern bestimmter Orte helfen. Sie verfügen allerdings nicht über turn-by-turn-Routenführung. Einige "Routen- und Umgebungs-Apps" lassen sich auch in Kombination nutzen, um zum Beispiel beim Navigieren auf einer Route Informationen über die Umgebung zu erhalten. Eine für blinde Nutzer ideale App, die beides vereint, ist derzeit nicht auf dem Markt.

Hinweise

Bei der Navigation mit dem Smartphone empfiehlt sich das Tragen eines Knochenleitkopfhörers, der auf den Wangenknochen sitzt und die Anweisungen der App auf das Innenohr überträgt. So bleiben die Ohren frei und können Verkehrsgeräusche und Schallreflexionen ungehindert aufnehmen.

Da die meisten Apps Kartenmaterial aus dem internet beziehen, können ohne Flatrate oder im Ausland hohe Kosten entstehen.