Tablettest mit blinden Nutzern: Übliche Aufgaben im Vergleich
4. Februar 2014
Im November 2013 testeten wir die Nutzbarkeit von Tablets für blinde Menschen. Unsere Testpersonen hatten PC- und Desktop-Screenreader-Kenntnisse, aber bisher noch keine Erfahrungen mit der Touchbedienung. Wir definierten fünf Basis-Aufgaben und verglichen deren Durchführbarkeit auf einem iPad mini, einem Nexus 7 und einem Windows 8 Tablet.
Dieser Artikel ist Teil unseres Tablet-Vergleichstests, der auch den Test der Erstinstallation, eine Prüfung der Handbücher sowie technische Prüfungen der Calender Apps beinhaltete. Einen Überblick bietet der Artikel Tablet-Tests mit blinden Nutzern: Überblick.
Bevor wir die einzelnen Aufgaben und deren Durchführung im Detail beschreiben, fassen wir zuerst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Ergebnisse im Überblick
iPad mini (iOS 7)
Nur auf dem iPad mini ließen sich die gestellten Aufgaben zwar nicht problemlos, aber insgesamt vollständig und zu einem guten Teil selbständig erledigen. Die Umsetzung der Touch-Bedienung einschließlich der Nutzerhinweise ist auf dem iPad im Vergleich am vollständigsten und verständlichsten. Es gibt allerdings eine Reihe von Mängeln, etwa die nicht aussagekräftig genug benannte Taste „Hinzufügen“ im Kalender und die nicht modale Anlage des Einblendfensters bei der Termineingabe, die öfter zu Datenverlust führte.
Nexus 7 (Android 4.4.2)
Beim Nexus-Tablet erwiesen sich bestimmte Schritte (Kalender, Tag-und Zeiteingabe) als nicht durchführbar. Auch wenn seit dem letzten Update sich nun das Datum auswählen lässt, bleibt das Problem der Zeiteingabe. Die Brauchbarkeit der Kalender-App für blinde Nutzer ist damit insgesamt weiterhin fraglich. In unserem Test wurde die vorinstallierte Kalender-App getestet. Der umtriebige Nutzer mag hier zugänglichere Android-Apps finden. Die Beschriftungen und Benutzerhinwiese im Nexus sind insgesamt lückenhafter als beim iPad und auch beim Windows-Tablet. Die in den Tests auftretenden Probleme mit dem versehentlichen Schließen nicht-modaler Einblendfenster wurden inzwischen mit dem Update behoben.
ThinkPad Helix (Windows 8.1)
Das Bedienkonzept des im Test ohne Tastatur genutzten Windows-Tablets ThinkPad Helix weicht von dem der anderen Tablets deutlich ab und erfordert einige Einarbeitung. Bei unerfahrenen Nutzern waren deshalb sehr viele Hinweise durch die Testleitung erforderlich. Die nicht-modalen Einblendmenüs (Charms-Bar, horizontale Bedienelementleisten) werden bei Touch-Bedienung (Wischen) oft versehentlich geschlossen, was zur Wiederholung der Eingaben zwingt. Die Sprachausgabe erweist sich als teilweise unberechenbar bzw. stellenweise fehlerhaft. Oft ist es schwer, aufgetretene Fehler zu reproduzieren.
Anlage des Aufgabentests
Bei den Tests anwesend waren jeweils die Testperson, Testleiterin bzw. Testleiter sowie Protokollantin bzw. Protokollant. Die Gesamtdauer des Aufgabentests betrug etwa 1 ½ -2 Stunden.
Vor Beginn eines jeden Tests erklärte die Testleiterin der blinden Testperson die grundlegenden Wisch- und Tipp-Gesten. Die Testpersonen hatten dann Gelegenheit, die Gesten auf dem entsprechenden Tablet zu üben.
Im dann folgenden Test selbst nannte die Testleiterin Schritt für Schritt die jeweils durchzuführenden Aufgaben. Hatte die Testperson Schwierigkeiten bei der Durchführung und bat um Hilfestellung, gab die Testleiterin Hinweise, die im Protokoll vermerkt wurden.
Bei Aufgaben, in denen stellenweise zusätzliche Gesten notwendig waren (Nutzung der virtuellen Tastatur, vertikale Wischgesten), wurden diese erst bei Bedarf erläutert.
Die Aufgabentests mit dem iPad mini und dem Nexus 7 führten wir mit jeweils drei Testpersonen durch. Auf dem ThinkPad Helix (ein Windows-8-Hybridgerät, also ein Notebook mit einem abnehmbaren Bildschirm, der dann als reines Tablet benutzbar ist) wurden die Aufgaben nur von zwei Testpersonen getestet. Eine davon hatte jedoch bereits Erfahrung in der Nutzung des iPhones, jedoch noch keine Erfahrung mit der Windows-8-Touch-Bedienung.
Die Unterschiede hinsichtlich Anzahl und Kenntnisstand der Testpersonen bei den Aufgabentests mit dem Windows-Tablet erlauben also keinen direkten Vergleich mit den iPad- und Nexus-Tests. Die Aussagen sind ohnehin bei der niedrigen Anzahl der Testpersonen nicht statistisch belastbar. Die Ergebnisse der Tests zeigen jedoch insgesamt viele Probleme auf, die blinde Menschen bei der Nutzung von Tablets haben. Diese haben wir in getrennten Artikeln beleuchtet: Schwierigkeiten bei der Touchscreen-Bedienung durch blinde Nutzer und Interface-Probleme bei Tablet-Nutzung mit Sprachausgaben.
Die zusätzlich durchgeführten technischen Prüfungen der drei verschiedenen Kalender, mit denen die umfangreichste Aufgabe durchgeführt wurde, dienten uns außerdem zur Validierung und Differenzierung der Ergebnisse.
Die Aufgaben
Der gesamte Aufgabentest umfasste fünf Aufgaben:
1. Den Bildschirm entsperren
Nexus 7
Beim Tablet Nexus 7 im Ruhezustand müssen Nutzer zur Aktivierung des Geräts zunächst die haptische Taste rechts am oberen Rand drücken. Diese Taste liegt direkt neben der sehr ähnlichen Lautstärke-Taste und ist haptisch nicht leicht auffindbar und unterscheidbar.
Das Gerät muss nun mittels einer Streichbewegung entsperrt werden. Die Bildschirmerkundung durch Wischgesten führt zur Ausgabe von Zeit und Datum, dann zur Ausgabe „Entsperrung mit Fingerbewegung“. Bei Berührungserkundung wird im unteren Bereich der „Bereich für Fingerbewegung“ angesagt. Die Anweisung „Zum Entsperren nach rechts schieben“ wird nur auf dem zentalen kleinen Schloss-Icon angesagt. Zudem ist sie unrichtig, da Streichen in jede Richtung das Gerät entsperrt.
In unserem Test stellten wir fest, dass der Bereich zum Entsperren erstmal gefunden werden muss, denn nur hier funktioniert die Streichgeste. Der Bereich liegt mittig in der unteren Bildschirmhälfte und fällt mit ca. einem Viertel der Gesamtbildschirmfläche recht klein aus. Auch die Wahl der richtigen Geschwindigkeit, mit der die Streichgeste ausgeführt werden muss, führte öfter zu Problemen. Oft wurde die Geste zu langsam oder zu schnell ausgeführt und daher nicht erkannt (siehe auch den Artikel Schwierigkeiten bei der Touchscreen-Bedienung durch blinde Nutzer).
iPad mini
Beim iPad muss ebenfalls zunächst eine haptische Taste gedrückt werden. Diese befindet sich am oberen Rand auf der rechten Seite. Die Taste ist etwas deutlicher hervorgehoben als beim Nexus, zudem ist sie die einzige Taste am oberen Rand, was die Unterscheidung von den Lautstärketasten am rechten Rand erleichtert.
Wenn man den Bildschirm über Wischgesten erkundet, werden wie beim Nexus auch Zeit und Datum angesagt. Wenn man die Entsperrtaste erreicht hat (Ausgabe „Entsperren Taste“), lässt sich das Gerät mit einem Doppel-Tipp irgendwo auf dem Bildschirm entsperren – ein Vorteil gegenüber dem Nexus-Tablet, auf dem die Streichgeste in einem bestimmten Bereich ausgeführt werden muss.
Das Entsperren gelang allen Testpersonen relativ schnell. Es gab in den Tests nur ab und an das Problem, dass der Bildschirm bei Inaktivität relativ schnell wieder gesperrt wurde. Es blieben nur ca. 5 Sekunden, um eine Aktion auf dem Bildschirm auszuführen, bevor dieser sich wieder komplett ausschaltet und mittels der haptischen Taste erneut aktiviert werden muss (dies ist jedoch konfigurierbar). Die kurze Dauer ließ sich später nicht wieder über Einstellungen herstellen.
ThinkPad Helix
Die Start- und Lautstärkeknöpfe auf dem Thinkpad Helix sind klein und nicht erhaben und deshalb eher schlecht zu finden und zu bedienen. Die Anordnung entspricht bei Nutzung im Querformat der beim iPad. In der Standardeinstellung landen Nutzer nach Neustart oder Aktivierung auf dem Windows-Sperrbildschirm. Zum Entsperren muss man zunächst einen vertikalen Bildlauf mit zwei Fingern durchführen, der die Windows-Anmeldung aufruft. Dass ein vertikaler Bildlauf erforderlich ist, wird nicht als Hinweis ausgegeben. In der Windows-Anmeldung müssen Nutzer durch die Eingabe des Kennworts das Gerät freischalten.
Im Nutzertest mit einer unerfahrenen Testperson erwies sich die Kennworteingabe über die virtuelle Tastatur als schwierig und fehleranfällig, besonders wenn das Kennwort Großbuchstaben oder Zahlen enthält und die Tastatur entsprechend umgeschaltet werden muss. Eine Überprüfung der Eingabe ist nicht möglich, denn das Tastatur-Echo meldet für jeden (als Punkt maskierten) Buchstaben „versteckt“.
Die Windows-Anmeldung lässt sich allerdings in den Systemeinstellungen abschalten, so dass sie bei Betrieb nach Ruhezustand nicht angezeigt wird. Nach einem Systemstart ist sie allerdings erforderlich. In diesem Fall müssen auf dem Sperrbildschirm mehrere Elemente durch Wischgesten durchlaufen, bis die Taste zum Entsperren fokussiert ist. (Erfahrene Nutzer finden die Taste in der unteren linken Ecke.) Nach Doppel-Tippen erfolgt die Entsperrung, der Desktop erscheint und die erste Kachel des Metro- bzw. Modern-Interfaces wird fokussiert und ausgegeben.
2. Den Kalender finden und einen Termineintrag machen
Nexus 7
Der Kalender wurde von allen Testpersonen gut gefunden. Allerdings muss bei Android im ersten Schritt auf der Startseite im Fußbereich das zur Apps-Seite führende Icon „Apps“ gefunden werden, was bei Erstnutzern zum Teil einige Zeit in Anspruch nahm.
Im Kalender wurde die Schaltfläche zum Anlegen eines neuen Eintrags von allen Testpersonen gefunden, es gab lediglich eine leichte Verunsicherung, ob diese Schaltfläche die richtige ist. Allerdings ist sie mit der Bezeichnung „Neuer Termin" sehr explizit (und deutlicher als die Benennung der entsprechenden Schaltflächen im iPad- und im Windows-8-Kalender).
Der Termin kann dann in einem neuen Fenster eingegeben werden. Das Formularfeld für die Titel-Eingabe wurde leicht gefunden. Auch die Auswahl per Doppel-Tipp war einfach. Allerdings wurde von keiner der Testpersonen das automatische Einblenden der Tastatur bemerkt. Einige haben dies nur richtig vermutet und per Abtasten des Bildschirms bestätigt gefunden (Hinweis: beim Nachtest unter Android 4.4.2 wird jetzt „Tastatur für Text" angesagt).
Die Eingabe des Terminnamens und damit die Bedienung der virtuellen Tastatur warf bei keiner Testperson große Probleme auf. Das 10-Finger-System schien nach kurzer Erklärung für alle gut benutzbar. Verwirrend war nur, dass manche Tastenbezeichnungen sich je nach Kontext ändern. Außerdem wurde die Benennung und Aussprache der Entf. Taste (für „Entfernen“) als schwer verständlich wahrgenommen.
Das große Problem bei der Eingabe des Termins stellte sich bei der Datums- und Zeiteingabe. Diese war den Testpersonen nicht möglich. Es konnte kein Tag ausgewählt werden, weil Tage nicht korrekt angesagt werden. Anstatt das vollständige Datum zu nennen, las die Sprachausgabe nur die erste Stelle vor, also bei den einstelligen Tagen 0-ter und bei den weiteren 1ter, 2ter und 3ter. (Dieses Problem besteht inzwischen seit dem neuesten Kalender- und System-Update unter Android 4.4.2, Kalender 201308023 nicht mehr.)
In einigen Fällen kam es zudem zu einem unbeabsichtigten Schließen des Einblend-Fensters für die Datumsauswahl. Tippte man in den Bereich neben diesem Fenster, so schloss es sich und die Eingaben gingen verloren. Auch dieses Problem ist inzwischen durch das Android- und Kalender-Update behoben worden.
Die Startzeit für einen Termin muss beim Nexus über eine sehr komplizierte Drehbewegung eingestellt werden. Selbst wenn den Testpersonen die Bedienung erläutert worden war, konnten sie die Einstellung auch mit mehreren Versuchen nicht korrekt vornehmen. Diese Geste ist in keiner Hinsicht selbsterklärend und müsste zunächst umfassend geübt werden. Außerdem werden Stunden und Minuten als Zahlen ausgegeben, ohne die Zusätze „Uhr“ und „Minuten“. Für Einzelheiten siehe auch Nexus 7 calendar technical test: Bugs and issues (Englisch).
iPad mini
Die Kalender-App wurde von allen ohne Probleme gefunden und geöffnet. Dann traten aber erste Probleme auf, denn die Schaltfläche zum Anlegen eines neuen Termins nennt sich beim iPad „Hinzufügen“. Diese Bezeichnung war für die Mehrzahl der Testpersonen nicht klar verständlich und wurde nicht entsprechend interpretiert. Dazu kam noch das Problem, dass Testpersonen zwar über die horizontale Streichgeste aus dem Kopfbereich in das Kalendarium gelangten, aber Schwierigkeiten hatten, zu den Bedienelementen im Kopfbereich zurückzukehren: die horizontale Wischbewegung zurück (über den ersten Tag des Monats hinaus) landet beim Vormonat und durchläuft dort die Tage rückwärts. An dieser Stelle gab die Testleitung Hinweise auf die hier nötige vertikale Wischgeste.
Das Einblenden der Tastatur bei der Auswahl des ersten Formularfelds bei der Termineingabe wurde seitens der Testpersonen nicht immer eindeutig erkannt. Wie auch beim Nexus wurde hier lediglich vermutet, dass die Tastatur nun eingeblendet sein müsste. Das Einblenden wird durch ein Geräusch angezeigt, das aber wohl erst bei wiederholter Nutzung richtig interpretiert werden kann. Die Eingabe des Terminnamens an sich gelang problemlos. Bei mehreren Testpersonen kam es jedoch zum versehentlichen Schließen des Einblendmenüs und damit verbunden zum Verlust der vorher gemachten Eingaben. An dieser Stelle wäre ein Dialog für das Speichern oder Verwerfen des Termins wünschenswert (so umgesetzt im Windows-Kalender). Die Bedienung der virtuellen iPad-Tastatur empfanden alle drei Testpersonen als angenehm.
Die Eingabe des Datums gelang den meisten Testpersonen, allerdings waren hierzu zum Teil Hinweise seitens der Testleitung notwendig. Es wurde nicht ganz klar, dass sich bei der Auswahl von „Beginn“ein Rollmenü mit drei Einstellmöglichkeiten öffnet, welches dann mit einer vertikalen Streichbewegung bedient werden muss. Diese Geste fiel den Testpersonen relativ schwer: bei unkorrekter Ausführung verschiebt sich der Fokus jedes Mal zur Einstellung von Stunde und Minute. Nach etwas Übung ist dies wohl kein so großes Problem mehr. Auch bei der Eingabe der Startzeit, welche im selben Rollmenü vorgenommen wird, waren die Probleme vor allem im Bereich der Gesteneingabe angesiedelt. Zusätzlich irritierend ist auch hier, ähnlich wie beim Nexus, die Ansage der Zeit als nackte Zahlen ohne den Zusatz von „Uhr“ oder „Minuten“.
Beim Abspeichern des Termins waren die Testpersonen teilweise verwirrt von der Bezeichnung der Schaltfläche. „Fertig“ wurde nicht von allen sofort als Taste zum Speichern erkannt. Auch die Rückmeldung, dass der Termin gespeichert wurde, könnte eindeutiger ausfallen. Die Bestätigung erfolgt über einen für das iPad typischen Ton und das erneute Vorlesen des Termins. Eventuell wurde dieser Ton überhört, da er den Testpersonen nicht bekannt war. Für Einzelheiten siehe auch iPad mini calendar technical test: Bugs and issues (Englisch).
ThinkPad Helix
Von der unerfahrenen Testperson wurde der unter den ersten acht Kacheln auf dem Windows-Startbildschirm befindliche Kalender versehentlich übersprungen und erst nach längerem Durchlaufen und Rückwärts-Durchlaufen aller Kacheln gefunden. Bei der Auswahl des Kalenders löste die unerfahrene Testperson durch Dreifachtippen versehentlich den Anpassen-Modus aus, was zum (nicht verstandenen) Hinweis „Von Start lösen – Menüelement“ führte. Noch im Anpassen-Modus kam dann bei erneuter Fokussierung des Kalenders durch Wischen zwar der Hinweis, dass der Kalender mit Doppel-Tippen zu aktivieren ist, tatsächlich erfolgt beim Doppel-Tippen dann aber die Ansage „Der Befehl ist nicht verfügbar“. Zunächst musste der Anpassen-Modus mit Hilfestellung des Testleiters also verlassen werden. Die zweite Testperson hatte mit dem Öffnen des Kalenders keine Probleme.
Hierzu lässt sich anmerken, dass der Narrator-Hinweis „Doppeltippen, um aktivieren, Dreifachtippen, um auswählen“ leicht missverstanden werden kann. Ein Hinweis wie beim iPad („Zum Öffnen Doppel-Tippen“) ist dagegen unmissverständlich. Auch die beiden Windows-Gesten (Doppel- bzw. Dreifachtippen) sind sehr ähnlich.
Das Bedienelement für den Termineintrag wurde durch beide Testpersonen nicht über Standard-Wischgesten oder Berührungserkundung gefunden: die Bedienelemente tauchen erst nach Einblenden der Bedienleisten durch vertikales Wischen vom unteren Bildrand her auf. Hier war jeweils ein Hinweis des Testleiters erforderlich. Hier zeigt sich das abweichende Bedienkonzept von Windows 8. Wer allerdings einmal damit vertraut ist, wird Bedienelemente auch in Einblendleisten vermuten und ohne Schwierigkeit finden.
Die Bezeichnung des Bedienelements („Neu“) wurde allerdings nicht sofort als Bezeichnung der gesuchten Funktion interpretiert. „Neuer Termin“ (Nexus) bereitete weniger Probleme.
Die Termineingabe gelang beiden Nutzern, allerdings nur mit Mühe. In der Detailansicht sind einige Elemente schlecht benannt: bei der Eingabe der Zeit („Start“) fehlen z.B. die Label Tag und Uhrzeit. Auch die Reihenfolge der Eingabefelder und Tasten verwirrt etwas. Störend fiel auch die Ausgabe mehrerer Fokuspunkte für ein und dasselbe Bedienelement auf (Label / bearbeitbares Kombinationsfeld / Öffnen-Schaltfläche). Die sehr schmalen vertikalen Auswahllisten für das Einstellen von Stunde und Minuten waren schwer zu bedienen, da bei Berührung außerhalb leicht der Fokus verloren ging.
Die Eingabe mit der virtuellen Tastatur im 2-Finger-System funktionierte insgesamt gut. Störend war allerdings das oft fehlende (manchmal unberechenbar dann doch vorhandene) Tastaturecho beim Löschen von Eingaben. (Für Einzelheiten siehe auch Windows 8 calendar technical test: Bugs and issues (Englisch).
3. Den Browser finden und eine Internetseite öffnen
Nexus 7
Den Browser "Mozilla" zu finden und zu öffnen, stellte keine der Testpersonen vor ein Problem. Auch das Eingabefeld für die Webadresse fanden alle. Nur das Einblenden der Tastatur wurde, wie auch beim Kalender, in den meisten Fällen nicht bemerkt. Zudem kam es in mehreren Fällen durch eine versehentliche Geste zum Ausblenden der Tastatur. Die Adresseingabe und das Öffnen der Seite funktionierten dann wieder reibungslos bei allen Testpersonen. Die Bezeichnung „Los“ für die Enter-Taste der virtuellen Tastatur war für die Testpersonen verständlich.
iPad mini
Zwei der Testpersonen fanden den Browser "Safari" recht schnell. Bei der dritten Testperson dauert die Suche sehr lang, es kam oftmals zu einer unabsichtlichen Fokusversetzung und es wurden mehrmals versehentlich andere Apps geöffnet.
Das Adressfeld des Browsers wurde ebenfalls von zwei der drei Testpersonen ohne Probleme gefunden, allerdings bemerkte keine der Testpersonen das Einblenden der Tastatur. Ungewohnt war für eine Testperson die abweichende Bezeichnung der Enter-Taste auf der Tastatur: sie heißt hier „Öffnen“.
ThinkPad Helix
Der Browser wurde von den beiden Testpersonen problemlos gefunden und geöffnet. Bei der unerfahrenen Testperson verschwand während der Erkundung die Adresszeile und konnte erst nach Hinweis durch die Testleitung wieder eingeblendet werden.
Die Anzeige von Vorschlägen in einem Ausklappbereich oberhalb der Adresszeile verwirrte die Nutzerin, als sie diesen Bereich versehentlich berührte. „Gehe zu“ anstelle der Enter-Taste in der Tastatur wurde als nicht selbsterklärend empfunden. Der zweite, erfahrenere Nutzer hatte die Adresszeile am oberen Bildrand erwartet wie bei sonstigen Browsern üblich, fand sie jedoch auch unten ohne große Probleme. Auch die Adresseingabe und der Aufruf der angegebenen Website waren erfolgreich.
4. Den zuvor gemachten Termin-Eintrag ausgeben lassen
Nexus 7
Beim Nexus-Gerät entfiel diese Aufgabe, da die vorherige Eingabe des Termins nicht möglich war. Bei einem Versuch, diese Aufgabe zu lösen, wurde zwar die Terminliste gefunden, ein vorhandener Termin wurde allerdings ohne Datum ausgegeben.
iPad mini
Es ist den Testpersonen nicht ganz klar, dass beim iPad die Terminliste unter „Suche" zu finden ist. Hier half in mehreren Fällen erst ein Hinweis. In einem Fall gab es auch hier wieder das Problem, dass das Einblendfenster versehentlich geschlossen wurde (siehe auch Interface-Probleme bei Tabletnutzung mit Sprachausgaben (Link folgt).
ThinkPad Helix
Beim Durchlaufen des Kalenders (in der Monatsansicht) wurden erst die Überschriften der Spalten (Mo, Di... So) ausgegeben, dann alle angelegten Termine und Feiertage, dann sprang der Fokus zurück an den Anfang und durchlief die einzelnen Tage des Monatsrasters. Dies kann man immer wieder im Kreis durchlaufen. Tag, Termin, Name und Uhrzeit wurden vollständig (wenn auch umständlich, mit Wiedernennung des Datums bei der Enduhrzeit) ausgegeben.
5. Die Sprechgeschwindigkeit in den Einstellungen ändern
Nexus 7
Das Icon für die Einstellungen wurde von allen Testpersonen gefunden. Im weiteren Verlauf hätten allerdings alle Beteiligten die Einstellung der Sprechgeschwindigkeit nicht unter „Text-in-Sprache-Ausgabe" vermutet. Diese Schwierigkeiten wurden noch verstärkt durch die schwer verständliche Aussprache der Beschriftung seitens der Sprachausgabe. Hier waren zum Teil Hinweise der Testleitung erforderlich.
iPad mini
Das Bedienelement „Einstellungen" zu finden, stellte für keine der Testpersonen ein Problem dar. Innerhalb der Einstellungen die Bedienungshilfen zu finden, gelang ihnen ebenfalls. Allerdings wurde der zweispaltige Aufbau des Einstellungsmenüs dabei keinem klar.
Es war für blinde Nutzer ohne Vorwissen nicht erkennbar, dass in der rechten Spalte das Untermenü geöffnet wird, denn man kann beide Spalten nacheinander über Streichgesten durchlaufen. Für die Testpersonen erschienen die Einstellungen daher als eine lange Liste. Nach Ausgabe der Untermenü-Überschrift „Allgemein" durchläuft der Fokus erst einmal den Rest der Hauptmenüpunkte (linke Spalte) und wird erst dann ins Untermenü „Allgemein" (rechte Spalte) versetzt, wo Nutzer am Ende den Punkt „Bedienungshilfen" fanden. Die hierarchische Zuordnung der Menüebenen ist damit unklar.
Der Unterpunkt "VoiceOver" wurde von den Testpersonen nicht erkannt. Dies liegt vor allem an der schlechten Aussprache von VoiceOver durch die deutsche VoiceOver-Sprachausgabe. Der Menüpunkt wurde erst nach Hinweisen durch die Testleitung richtig verstanden, obwohl allen Testpersonen der Name VoiceOver bekannt war.
Das Verändern der Sprechgeschwindigkeit an sich gelingt dann allen Testpersonen problemlos.
ThinkPad Helix
Die Einstellung der Sprachausgabe wurde erst nach Hinweis durch den Testleiter recht mühsam über das Charms-Menü / Einstellungen / PC Einstellungen ändern gefunden. Der erfahrene Nutzer hatte die Einstellung analog zu Android und iOS unter Apps vermutet, dort aber nicht gefunden. Um zur Einstellung zu gelangen, müssen viele Ebenen und Menüpunkte durchlaufen werden, bis die Einstellung schließlich gemacht werden kann. Die Anlage von Hauptmenü und Untermenü ist im Prinzip ähnlich wie beim iPad, d.h. die Zuordnung von Hauptmenüpunkt und zugeordnetem Untermenü über Streichgesten ist schwierig, da beide Menüs linear durchlaufen werden. Bei der unerfahrenen Testperson war ein Hinweis auf den Menüpunkt „Erleichterte Bedienung" zum Auffinden der Einstellung notwendig.
Vor allem aber machte die nicht modale Anlage des Charms-Menüs die Navigation sehr fehleranfällig – bei beiden Testpersonen schloss sich das Charms-Menü mehrmals durch unabsichtliche Berührungen, die Navigation musste dann erneut begonnen werden.
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