Elektronische Lupen

Elektronische Lupen, auch E-Lupen genannt, sind kompakte elektronische Sehhilfen im Handtaschenformat. Ähnlich wie Bildschirmlesegeräte nehmen sie Schriftstücke oder andere "kleine" Dinge mit einer Kamera auf und geben diese stark vergrößert auf dem eingebauten Display wieder.

Stand: Aktualisiert am 19. Mai 2015.

Was ist das?

Genutzt werden E-Lupen von sehbehinderten Personen vor allem unterwegs, um z.B. im Restaurant Speisekarten zu lesen oder an einer Bushaltestelle Fahrplaninformationen erkennen zu können. Entsprechend werden die Lupen netzunabhängig mit Akkus betrieben. Im Vergleich zu optischen Lupen können E-Lupen nicht nur vergrößern, sondern auch in unterschiedlichen Farbkontrasten darstellen oder ein Bild "einfrieren", damit die Nutzer es in Ruhe betrachten können.

Die E-Lupe wird dafür über das Lesegut (z.B. ein Schriftstück) bewegt. Einige bieten für eine leichtere Handhabung zu diesem Zweck kleine Rollen oder einen ausklappbaren Handgriff. Dennoch ist die kontinuierliche Bewegung über das Lesegut etwas mühsam, weswegen E-Lupen in der Regel nicht zum Lesen längerer Texte eingesetzt werden.

Der möglichen Vergrößerung sind durch die relativ kleinen Displays der Geräte, deren Durchmesser meist zwischen 4 und 7 Zoll liegt, Grenzen gesetzt.

Was ist zu beachten?

Displaygröße und Gewicht

Der eingebaute kleine Bildschirm der E-Lupen variiert in der Größe und damit der darstellbare Bildausschnitt. Kleinere Bildschirme haben um die 4 Zoll Bildschirmdurchmesser (10,16 cm), größere bis zu 7 Zoll (17,78 cm). Parallel zur Bildschirmgröße schwankt auch das Gesamtgewicht der Geräte von etwa 120 g bis ca. 1100 g.

Vergrößerung

Die mögliche maximale Vergrößerung schwankt zwischen dem Vergrößerungsfaktor 5,5 und Faktor 25. Allerdings bleibt zu bedenken, dass mit kleinen Bildschirmen sehr große Vergrößerungsstufen nicht immer von praktischem Nutzen sind. Der Vergrößerungsfaktor ist nicht bei allen E-Lupen stufenlos einzustellen, manche Lupen bieten etwa nur drei verschiedene Größeneinstellungen.

Bedienung

Die Bedienung ist bei allen Geräten relativ einfach, in der Regel gibt es wenige, gut erkennbare Tasten. Von Vorteil ist es, wenn die Lupe direkt auf ein Schriftstück gelegt werden kann. So wird ein ruhigeres Bild erzeugt, als wenn man die Lupe in der Hand hält. Zu empfehlen sind auch Lupen, bei denen die Kamera mittig im Gerät angebracht ist. Das gewünschte Objekt befindet sich dann direkt unter dem Gerät. Personen, die zuvor optische Lupen genutzt haben, ziehen häufig Lupen mit Handgriff vor. Dieser ist in der Regel ausklappbar.

Einstellmöglichkeiten

Einige haben auch ein kippbares Display für komfortableres Lesen von flach auf dem Tisch liegenden Druckwerken.

Nicht alle E-Lupen bieten neben einem Echtfarb- und Schwarz-Weiß-Modus verschiedene Fehlfarbkontraste, die je nach Sehbehinderung hilfreich sein können. Ein Autofokus ist inzwischen üblich. Will man selbst Notizen unter der Kamera machen, ist es sinnvoll, wenn sich der Autofokus auch abschalten lässt.

Viele Lupen bieten inzwischen eine Einfrier- bzw. Standbildfunktion an. Damit kann man ein Bild bzw. bei einigen Lupen auch mehrere Bilder abspeichern. Diese Funktion ist von Vorteil, wenn man z.B. Informationen lesen will, die sich gerade noch in Greifnähe befinden (z.B. ein Fahrplan, der sehr hoch hängt).

Notizen schreiben

Elektronische Lupen verfügen teilweise über eine Vorrichtung zum Aufklappen oder ein kleines Stativ, so dass unter der eingebauten Kamera mit der Hand geschrieben werden kann, z.B. zum Ausfüllen eines Formulars. Aufgrund der in der Regel etwas wackligen Konstruktion eignen sie sich aber weniger für längere Schreibarbeiten.

Fernlesefunktion

Einige E-Lupen bieten eine Fernlesefunktion. Damit können Dinge, die weiter weg sind, z.B. Straßenschilder, vergrößert werden. Es lohnt sich, diese Funktion vor dem Kauf eines Gerätes auszuprobieren, da es nicht immer ganz einfach ist, die entfernten Gegenstände in einem scharfen Bild "einzufangen".

Akkulaufzeit und Ladezeit

Für die mobile Nutzbarkeit spielt die Laufzeit des Akkus eine entscheidende Rolle. Diese schwankt grundsätzlich je nachdem, ob das Gerät nur im Stand-by- oder im Vollbetrieb läuft. Die angegebenen Akkulaufzeiten der Geräte liegen zwischen 1,25 und 4,5 Stunden. Die Ladezeiten liegen zwischen 2 und 5 Stunden.

Finanzierung

Die Preisspanne bei Elektronischen Lupen reicht von ca. 250 Euro bis weit über 1000 Euro. Elektronische Lupen sind nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen gelistet, werden allerdings in Einzelfällen übernommen.

Marktübersicht

Gerätetypen für verschiedene Nutzungssituationen

Basisversion

Elektronische Lupen bestehen in der Regel aus einem kompakten Gerät mit integrierter Kamera, Display, einem Netzteil zum Aufladen des Akkus und eine Transporttasche. Einfache Geräte sind für sich allein zu nutzen und bieten keine Schnittstellen zum Anschluss an andere Geräte.

Geräte mit Anschlussmöglichkeit

Einige E-Lupen können an einen größeren PC-Monitor oder an ein Fernsehgerät angeschlossen werden, was ein komfortableres Lesen ermöglicht.

Geräte mit Fernlesefunktion

Manche Elektronischen Lupen müssen nicht direkt an das Lesegut gehalten werden, sondern können auch Objekte in der Ferne vergrößern, z.B. Straßenschilder. Das Bild kann dann als "Schnappschuss" festgehalten und in Ruhe betrachtet werden.

Elektronische Lupe oder Vergrößerungs-App?

Es gibt inzwischen eine Reihe von Smartphone-Apps, die den klassischen elektronischen Lupen Konkurrenz machen. Sie nutzen die im Smartphone eingebaute Kamera, um Gedrucktes vergrößert darzustellen. Einige bieten auch eine Standbildfunktion und verschiedene Kontrastmodi.

Ob eine Vergrößerungs-App auf dem Smartphone die elektronische Lupe ersetzen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel davon, ob die Vergrößerung "mal eben zwischendurch" oder für das Lesen längerer Texte unterwegs genutzt werden soll.

Was spricht für elektronische Lupen?

Elektronische Lupen haben einige Vorteile gegenüber Vergrößerungs-Apps:

  • Bessere Ergonomie. Elektronischen Lupen liegen mit Bügeln oder Rollen in einem festen Abstand auf der Textoberfläche auf und lassen sich zum Lesen leicht verschieben, ohne dass sie freihändig im richtigen Abstand gehalten werden müssen.
  • Unverwackelter Text. Elektronischen Lupen zeigen den Text unverwackelt und gleichmäßig scharf. Das ist vor allem für Nutzer entscheidend, denen freihändiges Halten zu anstrengend ist. Auf einem Smartphone wackelige Inhalte zu lesen, ist aber auch sonst eher nur für kurze Texte (Packungsbeilagen, Menüs, Rezepte usw.) geeignet.
  • Gleichmäßige Ausleuchtung. Elektronische Lupen bieten eine gleichmäßige Ausleuchtung des Textes über mehrere Leuchtdioden. Smartphones beleuchten den Text dagegen meist aus einer zentralen LED dicht neben der Kamera. Der relative Lichtabfall gerade bei geringen Abständen ist deutlich und zeigte sich bei verschiedenen Apps im Zentrum durch zentrale Überstrahlungen oder - in den Kontrastmodi - durch ausgedünnten und stellenweise schlecht lesbaren Text.
  • Stärkere Vergrößerung und mehr Kontrastmodi. Bei einem Zoomfaktor von 5 x ist bei den meisten Apps Schluss. Viele elektronische Lupen haben eine wesentlich stärkere Vergrößerung (einige bis zu 18 x) und bieten mehr verschiedene Kontrastmodi als Vergrößerungs-Apps.

Was spricht für Vergrößerungs-Apps?

Auch die Apps haben natürlich einige Vorteile gegenüber den elektronischen Lupen:

  • Der Preis. Elektronische Lupen sind nicht billig - die Apps sind kostenlos oder kosten nur wenige Euro. Es gibt kostenlose, werbefinanzierte Apps oder kostenlose Apps mit geringerem Funktionsumfang - wenn man bezahlt, verschwindet die Werbung oder die Pro-Features werden verfügbar.
  • Gewichtsersparnis. Wer ohnehin ein Smartphone mit sich führt, kann sich in vielen Fällen das zusätzliche Mitführen der elektronischen Lupe sparen, besonders wenn es lediglich darum geht, unterwegs Fahrpläne, Tickets, Menüs, Packungsbeschriftungen, Medikamentenbeilagen und Ähnliches zu entziffern.
  • Gleichwertige Displays. Besonders wenn die App auf einem größeren Smartphone läuft (Phablets mit 5-7 Zoll Bildschirmdiagonale), reicht die Displaygröße an die der üblichen elektronischen Lupen heran.
  • Versendbarkeit. Einige Apps können Aufnahmen abspeichern. Diese können dann nicht nur gleich oder auch später im Standbild vergrößert gelesen werden (auch einige E-Lupen haben eine Speicherfunktion), sondern auch über E-Mail, Messaging-Apps wie WhatsApp gesendet oder Bluetooth auf andere Geräte übertragen werden.
  • Texterkennung und Weiterverarbeitung. Abgespeicherte Aufnahmen lassen sich im gleichen Gerät mittels Texterkennungs-Apps in echten Text verwandeln. Dieser Text kann dann über die Sprachausgabe auch akustisch ausgegeben werden oder kopiert und in anderen Apps weiterverarbeitet werden.

Externe Links

Tests

Vergrößerungs-Apps im Testvergleich

Smartphone-Vergrößerungs-Apps machen den klassischen elektronischen Lupen Konkurrenz. Sind sie brauchbar? Wir haben 9 Apps getestet.

Seeing Assistant Home - eine iOS-App im Kurztest

Seeing Assistant Home bündelt einige nützliche Funktionen: Barcode Scanner und -Erzeuger, Farb-Erkennung, Licht-Erkennung und eine Lupenfunktion.

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